Am 10. Mai war es endlich so weit: Beim feierlichen Schützenkommers in Derschlag erklang erstmals der neu komponierte „Derschlager Schützenmarsch“, dargeboten von den Musikerinnen und Musikern des Reichshofer Musikzugs Bergerhof. Und was für ein Moment das war – die Uraufführung wurde von allen Anwesenden mit Begeisterung aufgenommen und entwickelte sich zu einem musikalischen Höhepunkt des Festes. Ein voller Erfolg, der sowohl Gänsehaut als auch stehende Ovationen brachte.

Eine fast vergessene Geschichte wird lebendig

Der Marsch erzählt eine Geschichte, die zugleich weit in die Vergangenheit zurückreicht und doch erst vor kurzer Zeit zum Leben erweckt wurde. Der Ursprung des Textes reicht zurück bis ins Jahr 1932, verfasst von einem Mann namens Jupp Koch. Seine Zeilen sind eine Hommage an das stolze, traditionsreiche Schützenwesen in Derschlag – getragen von Freude, Gemeinschaft und Heimatliebe. Lange schlummerte dieser Text im Verborgenen – bis er wiederentdeckt wurde und schließlich in neuer musikalischer Form erstrahlen durfte.

Vom Text zur Melodie – Die musikalische Umsetzung

Die Melodie, die nun diesen Text zum Klingen bringt, stammt aus der Feder von Heinz Rehring. Um daraus ein stimmiges, mitreißendes Gesamtwerk zu machen, holte sich Rehring Unterstützung von Walter Ratzek, einem erfahrenen Arrangeur und langjährigen Bundeswehrkapellmeister. Gemeinsam schufen sie aus dem historischen Text und dem musikalischen Rohentwurf einen beeindruckenden fünfminütigen Marsch, der nicht nur Tradition atmet, sondern auch moderne musikalische Kraft entfaltet.

Eine Entdeckung im Eckenhagener Hof

Jan Vankerkom, Vorsitzender des Schützenvereins Derschlag, erinnert sich: „Vor rund 20 Jahren war der Eckenhagener Hof unser Vereinslokal. Dort stieß die Wirtin Doris Lins in einer alten Zinkkiste auf den Text des ,Derschlager Schützenmarschs‘.“ Weitere Hinweise? Fehlanzeige. Weder Noten noch ein offizieller Auftrag an den Autor Jupp Koch ließen sich finden. Auch Gespräche mit älteren Derschlager Bürgern brachten keine Klarheit über die Melodie oder die Person hinter dem Namen Koch. So verschwand der Text wieder in der Vereinsgeschichte – bis er vor rund zwei Jahren im Rahmen der Vorbereitung zur 100-Jahr-Chronik des Vereins erneut auftauchte.

Eine Aufgabe mit musikalischer Herausforderung

Beim Schützenfest wurde Heinz Rehring vom damaligen Vereinsvorsitzenden Stefan Lenz angesprochen: „Ich hätte da eine Aufgabe für dich.“ Der Auftrag war klar – zu den drei Strophen und dem Refrain des historischen Textes sollte eine passende Marschmelodie entstehen. Eine Herausforderung, wie Rehring einräumt: „Normalerweise schreibt man die Musik zuerst, dann den Text. Hier war es genau umgekehrt.“

Doch der Musiker nahm die Aufgabe an. Auf dem Golfplatz sang er sich den Refrain immer wieder selbst vor, in fröhlichem Dur, um die Stimmung des Textes aufzugreifen. Später spielte er die Melodie auf der Trompete ein – eine Idee nahm Gestalt an. Mit dem musikalischen Grundgerüst wandte er sich schließlich an seinen alten Bundeswehr-Kollegen Walter Ratzek: „Du musst mir helfen!“ – und Ratzek half.

Gemeinsam machten sie aus der Idee Realität. Der „Derschlager Schützenmarsch“ liegt nun als 16-seitige Partitur im renommierten Carpe Diem Musikverlag in Tauberbischofsheim vor – ein Werk, das nun seinen Platz im musikalischen Repertoire der Region einnimmt und auf vielen weiteren Veranstaltungen erklingen dürfte.

Der Mann hinter dem Text: Jupp Kochs Spuren

Die Geschichte des Marsches wäre jedoch nicht vollständig ohne den Einsatz von Tobias Wigger, Kompanieführer der Kompanie Rebbelroth und Bereitschaftsleiter beim Deutschen Roten Kreuz Ortsverein Derschlag. Er wollte sich nicht damit abfinden, dass über Jupp Koch keine weiteren Informationen zu finden waren. Mit Hartnäckigkeit und Recherchegeist fand er schließlich heraus: Josef „Jupp“ Koch war in den 1920er- und 1930er-Jahren Lehrer in Derschlag. Und mehr noch – 1924 war er nicht nur Gründungsmitglied, sondern auch erster Schriftführer des DRK Derschlag. Eine Persönlichkeit, die sowohl für Bildung als auch für soziales Engagement in Derschlag stand – und nun, fast 100 Jahre später, auch musikalisch gewürdigt wird.

Ein Lied für die Gemeinschaft

Für Jan Vankerkom und den gesamten Schützenverein Derschlag hat dieser Marsch einen besonderen Stellenwert: „Er symbolisiert unsere Geschichte, unsere Verbundenheit – und dass aus einer kleinen Entdeckung etwas Großes entstehen kann.“

Damit beim Festkommers auch wirklich alle den Refrain mitsingen konnten, ließ der Verein Bierdeckel mit dem Refraintext drucken – eine charmante Idee, die zum echten Souvenir des diesjährigen Schützenfestes wurde.

Ein voller Erfolg

Die Uraufführung am 10. Mai hat gezeigt: Manchmal braucht es nur ein altes Manuskript, eine Portion Heimatliebe und ein paar leidenschaftliche Idealisten, um Vergangenheit und Gegenwart auf eindrucksvolle Weise miteinander zu verbinden.

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